Page 68 - Kinderbilder
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Das nebenstehend abgebildete Blatt von Shuya
                                                             Itayama gehört in die Kategorie „japanische
                                                             Kalligrafie“.
                                                             Während in der abendländischen Kultur die Kal-
                                                             ligrafie der Verschönerung bei der Übermittlung
                                                             von Wissen und Literatur galt hat sie noch heute
                                                             in Japan und China ihren Sinn in der meditativen
                                                             Darstellung von ästhetischer Ausgewogenheit
                                                             und emotionaler Individualität. In dieser Kunst
                                                             tritt der Japaner aus der Masse heraus und zeigt
                                                             sich als Individualist. Das ist in etwa der Funktion
                                                             gleichzusetzen, die in der abendländischen Kultur
                                                             dem Tafelbild zukam.
                                                             Es gibt historisch gesehen vier große Zweige in
                                                             der Geschichte der Kalligrafie: Das sind die heb-
                                                             räische, die asiatische (chinesische, koreanische
                                                             und japanische), die arabische und die abend-
                                                             ländische Kalligrafie. In allen diesen Zweigen
                                                             haben die Kalligrafen wunderbare Werke her-
                                                             vorgebracht. Das gilt insbesondere auch für die
                                                             ägyptische, monoglyphische Stein-Kalligrafie und
                                                             vom 13. bis zum 20. Jahrhundert für die oftmals
                                                             feinsinnig ausgebildete und hoch entwickelte
                                                             osmanische Kalligrafie. Lediglich der asiatischen
                                                             Kalligrafie ist jedoch der individuelle Charakter
                                                             zu eigen, der uns von der abendländischen Bild-
                                                             Kultur her vertraut ist und der unsere Moderne
                                                             beispielsweise zu Zeit des „Informel“ mit geprägt
                                                             hat.
                                                             Shuya studierte an der Universität Tokio das Fach
                                                             Chemie und beendete sein Studium mit dem
                                                             Master-Diplom.



















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