Page 128 - Win Labuda Bildermacher
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Impressionismus, Expressionismus und Informel
Impressionismus
Ein Gemälde von Claude Monet mit der Darstellung eines Hafens im Morgenlicht hatte der Künstler 1872 mit dem Titel „Impres-
sion, soleil levant“ versehen. Der französische Kritiker Louis Leroy (1812-1885) schrieb für die satirische Zeitschrift „Charivari“
und leitete die damals abwertend gemeinte Bezeichnung von dem o. a. Bildtitel ab.
Maler: Bazille, Cézanne, Corinth, Degas, Ensor, Liebermann, Manet, Monet, Pissarro, Renoir, Sinding, Sisley, Slevogt, Turner,
Winogradow.
Expressionismus
Der Begriff wurde für die Malerei erstmals im Jahre 1910 in einer Kritik des Kunsthistorikers Aby Warburg (1866-1929) ge-
braucht. Er ist dann im April 1911 im Katalog der 22. Ausstellung der „Berliner Sezession“ nachlesbar. Bereits im Jahre 1911
wurde der Begriff dann von Kurt Hiller (1885-1972) auf die Literatur übertragen.
Maler: Beckmann, Buffet, Chagall, Ernst, Feininger, Heckel, Jawlensky, Kandinsky, Kirchner, Klee, Marc, Munch, Nolde, Schiele,
Schmidt-Rottluff und teilweise van Gogh.
Informel
Der Begriff „Informel“ geht zurück auf die Pariser Ausstellung „significance de l´ínformel“ 1951 im Studio Facchetti. Damals
schrieb der Kritiker Michel Tapié (1909-1987) von der „significance de l´informel“, der Bedeutung der Formlosen.
Maler: Appel, Dubuffet, Fautrier, Frankenthaler, Götz, Gorky, Hartung, Hoehme, Kline, de Kooning, Mathieu, Motherwell, Pollock,
Reinhardt, Rothko, Saura, Sonderborg, Soulages, de Stael, Tapies, Vedova.
Tabelle 2 Die Begriffsursprünge von „Impressionismus, Expressionismus und Informel“
Der ungehinderte geistige Zugang des Betrachters zu den
Inhalten der Bilder unserer Zeit ist umso schwieriger gewor-
den, als sich die Bildinhalte im Laufe der Zeit zunehmend
vergeistigt haben. [4] All dies hat zu einer weitgehenden
Entkoppelung der Malerei von den Erwartungen des Kunstbe-
trachters geführt. In der Folge dieser Voraussetzungen kam
es in der Malerei zu einer Spaltung: Sie ist einerseits zu einer
Verschönerungs-Maschinerie verkommen, die immer weniger
geistig-emotionale Inhalte transportieren will; andererseits ist
Abb. 4 Josef Albers Abb. 5 Robert Mangold sie nun ein Substrat der Gedankenspiele neuer Malergenera-
„Hommage to the „Curved Plane / Figure tionen, die freilich ihr ursprüngliches, malerisches Handwerk,
Square“, 1961 VIII“, 1995
die Mimesis von Subjekt und Objekt, immer weniger brauchen
und daher auch immer weniger gebrauchen. Nehmen wir als
Beispiele Josef Albers Quadrate (Abb. 4), Robert Mangolds
Ellipsen (Abb. 5), Robert Rymans weiße Flächenbilder (Abb. 6)
oder Daniel Burens konzeptuelle Streifenbilder (Abb. 7). Sie
alle sind interessante Kopf-Produkte unserer Zeit, aber keines
davon ahmt die uns umgebende Natur nach (Mimesis) oder
schenkt uns das erhabene Gefühl, das sich bei der Betrachtung
einer Rembrandtschen Landschaft einstellt. Nur eine kleine
Gruppe von Malern ist es noch, welche die schlichten Bedürf-
Abb. 6 Robert Ryman Abb. 7 Daniel Buren
„ohne Titel“, 1963 „Fiche technique“, 1972 nisse eines Großteils der Betrachter - unmittelbarer geistiger
Zugang zum Werk und befriedigendes Formniveau - erfüllen
mag.
Fragestellung Es stellt sich in diesem Zusammenhang die Frage, was denn
der gelegentliche, also der nicht speziell gebildete Bildbetrach-
ter von der Malerei erwartet. Ich denke, dass der Betrachter
die folgenden, primären, unterbewußten Erwartungskategorien
an die Malerei hat:
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