Page 38 - Win Labuda Bildermacher
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Abb. 35 glücklich entkommen, Paris, 1998, F 080   Abb. 36 Tor zur Arena, Pamplona, 2000, F 132


                                                       ein Bild, die für uns mit einer verschlossenen Tür einhergehen.
                                                       Früher war es vor dem Heiligen Abend die verschlossene Tür
                                                       zum Wohnzimmer, die uns mit intensiver Erwartung erfüllte
                                                       und von der wir den Blick nicht wenden mochten. In diesem
                                                       Sinne wird das Tor einer Stierkampfarena zum Symbol für die
                                                       Welt der Spannung, des Leids, der Freude und auch des Todes,
                                                       die sich für manchen dahinter verborgen haben. Solange wir
                                                       nicht wissen, wo diese Tür hinführen mag, ist sie bloß irgend-
                                                       ein Durchgang; sobald wir aber wissen, wo sie sich befindet,
                                                       stellen sich bei uns vielgestaltige Assoziationen ein.

                                                       Eine andere Stimmung vermittelt F 020. Hier wird aus Erwar-
                                                       tung Beklemmung, wenn wir die mit einem Riegelschloss
                                                       versperrte Tür, versehen mit einer weiß aufgesprühten Ziffern-
                                                       folge, betrachten. Man mag an die Transporte des Holocaust
                                                       denken oder an den sowjetischen Gulag. Win Labuda regt mit
                                                       seinen Fotografien von Toren und Türen unsere Vorstellungs-
                                                       kraft, unsere inneren Bildwelten an. Die Bilder gewinnen ihre
                                                       Aussagekraft durch die Welt, die wir dahinter vermuten. Es ist
                                                       unsere eigene Geschichte, die ihnen Farbigkeit oder Dunkelheit
                                                       verleiht, die verborgene Welt verheißungsvoll oder beängsti-
                                                       gend macht.

                                                       Die Mauerfotografie nimmt im Kanon der fotografischen
                                                       Schaffensrichtungen, wie etwa Landschaft, Akt oder Porträt
           Gesicht der Mauer im Fokus der              zwar einen kleinen, aber künstlerisch bedeutsamen Platz ein.
           Fotografen                                  Was reizt einen Fotografen am Thema Mauern und Wände so
                                                       sehr, dass er dafür nach Japan, Indien oder Ägypten reist?
                                                       Gedanken, die schon im Kapitel über die Mauer und das
                                                       Graffiti angeklungen sind, sollen hier ergänzt und anhand von
                                                       ausgewählten Beispielen belegt werden, welche uns bekannte
                                                       Mauerfotografen im Rahmen ihrer Bücher geliefert haben.
                                                       Die Mauer, wie auch die Wand ist ein vom Menschen geschaf-
                                                       fenes Flächenobjekt aus Stein, Beton, Putz und Farbe. Im
                                                       Moment ihrer Fertigstellung ist sie makellos, eben und unbe-


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