Page 138 - Win Labuda Bildermacher
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Saul und David.
                                                            (2. Sonett nach Kügelgens Gemälde)
                                                            Ernst sitzt der Fürst, die Stirn in düstern Falten;
                                                              Er kann der Qual des Herzens nicht entfliehen.
                                                              Es starrt der Blick, und finstre Bilder ziehen
                                                              Durch seine Brust in nächtlichen Gestalten.

                                                            Da tönt des Knaben Spiel mit süßem Walten;
                                                              Die Stimme schwebt in heil’gen Harmonieen;
                                                              Es wogt das Lied, und Himmelstöne glühen,
                                                              Die einklangsvoll der Seele Tag entfalten.

                                                            Und plötzlich wacht der Fürst aus seinen Träumen,
                                                              Und ihn ergreift ein längst entwöhntes Sehnen;
                                                              Ein Strahl der Liebe zuckt ihm durch das Herz.

                                                            Die zarte Blüte sproßt aus zarten Keimen;
                                                              Getröstet von der Jugend frommen Tränen,
                                                              Löst in des Greises Seele sich der Schmerz.

                 Abb. 41 Gerhard v. Kügelgen, Zeichnung „Saul und   Abb. 42 „Zweites Sonett nach Kügelgens Gemälden“ von
                 David“                                     Karl Theodor Körner




                                                       ter Autoren, zu denen Diderot, Heinse, Goethe, August W.
                                                       Schlegel, Friedrich Schlegel, Heinrich Heine und Baudelaire
                                                       gehörten. So veröffentlichte Friedrich Schlegel beispielsweise
                                                       in seiner Zeitschrift Europa in den Jahren 1802 -1804 eine
                                                       ganze Reihe von Gemäldebeschreibungen aus Paris und den
                                                       Niederlanden. Sowohl hat also die Malerei die Dichtung aber
                                                       auch die Dichtung hat die Malerei beeinflusst, vor dem Hinter-
                                                       grund der verbindenden Kraft der Poesie, dem großen Schatz
                                                       einer jeden Kultur.

           Nachwort                                    Was kann nun das Anliegen eines solchen Vortrags sein, wenn
                                                       nicht lediglich Anlass zum Nachdenken und zur befruchten-
                                                       den Diskussion. Ich meine ein Gewinn eines solchen Vortrags
                                                       liegt vor allem in der Schaffung einer Schnittstelle zwischen
                                                       den Kulturen. Wenn wir im Rahmen der bestehenden Mig-
                                                       ration in höherem Maße auch die Intelligenz binden wollen,
                                                       dann müssen wir dieser Gruppe etwas anbieten, das uns für
                                                       sie attraktiv macht. Vereinfachende Verständnis-Systeme wie
                                                       das hier Vorgestellte können ein Beitrag zur Vermittlung der
                                                       Werte unserer Kultur sein. Gerade die Malerei ist ein teilweise
                                                       kontroverses Feld. Gibt es doch das mosaische Bilderverbot
                                                       und obwohl der Koran kein Bilderverbot enthält, so sucht man
                                                       in den Moscheen vergebens nach bildlichen Darstellungen
                                                       lebender Wesen. Mit den kanonischen Hadith-Sammlungen trat
           Abb. 43 Franz Riepenhausen „Der Sänger“, 1820  eine Abneigung des Propheten Mohammed gegenüber bildli-

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