Page 143 - Win Labuda Bildermacher
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ich von ihm in Erfahrung bringen, wo man denn die mit den
                                                       schwer verständlichen Bezeichnungen versehenen Chemika-
                                                       lien auftreiben könne, die bald auch mich mit Hilfe meines
                                                       Mikroskops in den vermutetenen Farbenrausch versetzen
                                                       sollten. Manfred Kage zeigte sich von unvergesslicher Nob-
                                                       lesse: Obwohl wir uns nicht kannten, dauerte es nurmehr eine
                                                       Woche und ich hielt ein Päckchen von ihm in der Hand, darin
                                                       ich mit ungläubigem Staunen die dunkelbraunen Fläschchen
                                                       gewahrte, die mich ein wenig an den Faust erinnerten:

                                                       „Doch warum heftet sich mein Blick auf jene Stelle?/ Ist jenes
                                                       Fläschchen dort den Augen ein Magnet? / Warum wird mir auf
                                                       einmal lieblich helle / Als wenn im nächt’gen Wald uns Mon-
                                                       denglanz umweht? / Ich grüße dich, du einzige Phiole / Die ich
                                                       mit Andacht nun herunterhole! / In dir verehr´ ich Menschen-
                                                       witz und Kunst.“
                                                       Wochen lang war ich nun ans Mikroskop gefesselt, so lange,
                                                       bis eine schmerzhafte Bindehautentzündung den Spuk fürs
                                                       Erste beendete. Mit besagtem Mikroskop war es mir damals
           Abb. 3 ... und Ehefrau Yuko im Jahre 1991 am REM.  jedoch noch nicht möglich, die herbei gezauberten Bilder dau-
                                                       erhaft auf Film zu bannen. Ich rief also meinen Freund Hans
                                                       Palla an, damals Chef der analytischen Mikroskopie bei Beyer
                                                       in Leverkusen. Der meinte, ich bräuchte zunächst einmal ein
                                                       „anständiges Mikroskop“ und er empfahl mir auch gleich eines,
                                                       das zumindest vom Preis her Höchstleistungen versprach: Es
                                                       war das Ultraphot III-Mikroskop von Zeiss. Damit könne man
                                                       sogar 9 x 12 Color-Dias machen meinte er, und genau das
                                                       wollte ich tun. Ohnehin wurde bei Clear & Clean, unserem
                                                       kleinen Spezialunternehmen der Reintechnik, das ich 1979
                                                       gegründet hatte, dringend ein Forschungs-Mikroskop benötigt.

           Mikroskop-Kauf, aber bitte nicht in der     Eines grauen Herbsttages, ich war nach Hamburg gefahren
           Windjacke                                   um einzukaufen, bemerkte ich im Vorübergehen zufällig ein
                                                       Firmenschild mit der Aufschrift „Carl Zeiss Stiftung, Niederlas-
                                                       sung Hamburg.“ So war ich erneut mit meiner Begehrlichkeit,
                                                       das Mikroskop betreffend, konfrontiert und beschloss spontan,
                                                       den Zeiss-Leuten einen Besuch abzustatten. Allerdings war ich
                                                       an diesem Tag für den Besuch eines altehrwürdigen Unterneh-
                                                       mens wie die Carl-Zeiss-Stiftung es ist, offenbar nicht ganz
                                                       passend gekleidet. Die mittelblonde Empfangssekretärin, der
                                                       ich meinen Wunsch nach Informationsmaterial über Zeiss
                                                       Mikroskope nahe gebracht hatte, platzierte mich denn auch
                                                       mit den Worten „Setzen Sie sich erst mal da hin!“ auf einer
                                                       entfernten Sitzbank, begab sich unversehens in einen Neben-
                                                       raum und so wartete ich eine Weile lang artig darauf, dass
                                                       mehrere Damen dort ihre Kaffeepause beendeten. Nach einer
                                                       guten Viertelstunde erschien sie dann wieder, die Mittelblonde,
                                                       erschreckt durch meine Anwesenheit und unliebsam daran
                                                       erinnert - dass sie mich vergessen hatte. Sie verschwand also
                                                       und erschien dann mit einem Prospekt in der Hand, auf dem in
                                                       großen Lettern das Wort „Schülermikroskop“ zu lesen stand.
                                                       Den Prospekt schob sie mir über die Theke und gedachte

                                                                                                        143
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