Page 148 - Win Labuda Bildermacher
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Maschinen- und Gerätepark keine wirkliche Koordination mehr
stattfand. So bezahlte ich denn 22000.- DM und wartete mit
brennender Geduld auf den Ablauf des 14. Tages nach meiner
Zahlung. Und siehe da, ich hatte Glück; auch der 18. Tag ver-
strich ohne Einspruch und das Gerät gehörte nun mir.
Ich sandte ein Spezialtransport-Unternehmen mit der Kopie
meiner Zahlungsanweisung über 22.000.- DM nach München.
Der Direktor wurde gerufen und es gab eine lautstarke
Diskussion mit dem Transportunternehmer. Man rief also die
Abwicklungsstelle an, die Abwicklungsstelle rief die Buchhal-
tung an, die Buchhaltung bestätigte den Geldeingang und die
Rechtmäßigkeit des Geschäfts zum höchst gebotenen Betrag
und ohne Ansehen der Person. Der Direktor bekam einen
kleinen Schwächeanfall und der Transport setzte sich, flankiert
Abb. 9 Niederliegendes Mastkraut, 2005, FR 002 von einer Kolonne Kopf schüttelnder Siemens-Mitarbeiter und
© Yuko Labuda
einem bleichen Direktor mit dem Elektronenmikroskop in Rich-
tung Lübeck in Bewegung.
Neue Horizonte für Yuko Labuda Als das Gerät im September 1991 bei uns eintraf, da wussten
wir zunächst nicht so recht, wie wir es in Gang setzen könnten
und baten Hans Palla nach Lübeck, um unser Leitz-ISI 60 zu
montieren und uns zu unterweisen. Palla war ein liebenswerter
Mensch und ein hervorragender REM-Fachmann. Er nahm das
Gerät problemlos in Betrieb und machte, assistiert von Yuko
Labuda, die ersten Bilder. Mit Freude stellten wir dabei fest,
dass die Siemens-Leute uns auch noch ihre EDX-Anlage dazu
gegeben hatten, die für sie ja ohne Mikroskop ohnehin keinen
Wert hatte aber für uns noch einmal einen fünfstelligen Betrag
gekostet hätte. Damit lassen sich die Elemente bestimmen,
aus denen die mikroskopierte Probe besteht. Yuko Labuda,
von Hause aus eigentlich Hochschul-Dozentin für Klaviermu-
sik, sah sich das Arbeiten mit dem Elektronenmikroskop eine
Weile an und meinte dann scherzhaft, das Gerät habe fast so
viele Tasten wie ihr Flügel und ob sie sich nicht vielleicht in
Zukunft damit näher beschäftigen solle, sie habe Interesse an
einer neuen Perspektive. So nahm sie zwei Jahre lang Privat-
unterricht bei der Chemikerin Dr. Antje Dietrich und lernte
in dieser Zeit viel Naturwissenschaftliches. Es dauerte nicht
lange und sie konnte erste Bilder von den textilen Oberflächen
unserer Clear & Clean-Produkte machen. Dadurch gewann
unser kleines Spezialunternehmen ein hohes Maß an Beach-
tung in der Branche und kann heute auf nicht unwesentliche
Forschungsbeiträge in der Reinraumtechnik verweisen, die u.a.
elektronenmikroskopisch belegt sind. Außerhalb der großen
Konzernbetriebe und der professionellen Analytik Laboratorien
gab es damals kaum jemand, der ein solches Gerät besaß und
auch noch bedienen konnte.
Einer der unverzichtbaren Wächter der Betriebsbereitschaft
unseres Elektronenmikroskops wurde der vielen Fachleu-
ten gut bekannte Service Ingenieur Dieter Betz, der in den
Abb. 10 Dill, 2009, FR 027, © Yuko Labuda vergangenen zwanzig Jahren bei uns so etwas wie ein Freund
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