Page 153 - Win Labuda Bildermacher
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nung möglich wäre. Die Schwierigkeit, diesem Modell im Sinne
                                                       einer zuverlässigen Einordnung zu folgen, ergibt sich aus der
                                                       Tatsache, dass zumindest der Begriff „Kunst“ nicht eindeutig
                                                       definiert ist. Ich will also nachstehend den Versuch einer Defi-
                                                       nition für die Begriffe Wissenschaftler und Künstler machen.
                                                       Wissenschaftler ist, wer vermittels seines außergewöhnlichen
                                                       Wissensstandes durch den Gebrauch seines Geistes auf dem
                                                       Wege der Forschung neue Erkenntnisse erlangt oder durch die
                                                       Lehre verbreitet und so zur Erhöhung des Erkenntnisstands
                                                       der Menschheit beiträgt.
                                                       Künstler ist, wer vermittels seines außergewöhnlichen
                                                       Könnens, durch den Gebrauch seiner sinnlichen Empfindungen
                                                       und des Geistes Werke erschafft, die im besten Sinne neue
                                                       Wahrheiten vermitteln und so den Menschen einem höheren
                                                       Weltbild zuführen.

                                                       Im Rahmen der Mikroskopie ist es nach der o. a. Defini-
                                                       tion also nur dann möglich, künstlerisch tätig zu sein, wenn
                                                       jemand durch den Gebrauch seiner sinnlichen Empfindungen,
                                                       hier also beispielsweise im Rahmen seiner seiner Form- und
                                                       Farbwahl, Bilder erzeugt, die eine neue Wahrheit vermitteln.
                                                       Ähnlich wie auch in den Systemen der allgemeinen Fotografie,
                                                       ist die individuelle, bildnerische Gestaltung eines mikrofoto-
                                                       grafischen Bildes außer der Form- und Farbwahl vor Allem auf
                                                       den Bildausschnitt, den Betrachtungswinkel den Kontrast und
                                                       die Schärfentiefe beschränkt. Aber diese Komponenten sind
                                                       zusammen genommen doch mächtige Werkzeuge der Bild-
                                                       gestaltung. Gute künstlerische Fotografie verbindet dann das
                                                       abgebildete Reale mit einer Idee.

                                                       Im Werk Claudia Fährenkempers etwa, sind es die in den
                                                       Fokus gerückten Käfer, welche als Objekte der Betrachtung,
                                                       den Menschen einem neuen Weltbild zuführen können. Indem
                                                       die uns von der Form her wenig bekannten Tiere in tragödi-
                                                       sches Dunkel gehüllt, uns emotional nicht unberührt lassen,
                                                       mag in uns etwa die Erkenntnis wachsen, dass das Reich der
                                                       Insekten integraler Bestandteil unseres „System Erde“ und
                                                       daher unserem Schutz anbefohlene Fauna ist.
                                                       Im Werk von Yuko Labuda hingegen sind weniger bekannte
                                                       Strukturen aus der Pflanzenwelt die Objekte der Betrachtung.
                                                       Sowohl die Mannigfaltigkeit der pflanzlichen Formen als auch
                                                       die selten ins Visuelle gebrachten Vorgänge der floralen Repro-
                                                       duktion im weitesten Sinne sind es hier, die uns in Staunen
                                                       versetzen. Das Erlebnis des Staunens ist es dann, das uns
                                                       innerlich öffnet, uns die umgebende Welt der Flora in einem
                                                       tieferen Sinne wahrnehmen läßt und endlich, einen Geist der
                                                       Wertschätzung in uns weckt.

                                                       Zumeist ist es eine Erkenntnis, gepaart mit einer Emotion,
           Abb. 20 Sanddorn, 2008, FR 015, © Yuko Labuda  welche uns ein Bildwerk als Kunst wahrnehmen läßt. Allein,

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