Page 155 - Win Labuda Bildermacher
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visuelle Erkenntnis vorgesehen sind. So hat Robert Koch mit
Hilfe des Mikroskops u.a. den Tuberkelbazillus entdeckt und
Millionen Menschen damit ein längeres Leben geschenkt. Wir
mögen uns in diesem Zusammenhang jedoch auch die Frage
stellen, wie die Natur denn nun darauf antwortet, dass Millio-
nen Menschen zwanzig Jahre länger leben. Der Mensch wird in
seiner, von den Kreisläufen der Natur abgekoppelten Interes-
sendurchsetzung, stets seine Vermehrung in den Vordergrund
aller seiner Handlungen und Denksysteme stellen; aber ist
das auch im Sinne eines natürlichen Equilibriums der uns
umgebenden Natur? Liegt etwa ein tiefer Sinn darin, dass die
Evolution den Menschen mit diesen ihm gegebenen Sehorga-
nen ausgestattet hat, welche kein natürliches, mikroskopisches
Sehen zulassen. Anders wiederum beim Raubvogel: Während
der visus des Menschen theoretisch Werte von 2,5 erreichen
Abb. 25 Kristallbilder 6, 1980, EK 05, © Win Labuda kann, ist bei Raubvögeln aufgrund einer anderen Optik des
Vogelauges und einer anderen Makula-Struktur ein Visus von
5...10 möglich. Diese Tatsache ist jedoch dadurch begründet,
dass der dem Raubvogel gegebene visus für ihn existentielle
Bedeutung hat. Das Mikroskop hat für den Menschen jedoch
keine existentielle Bedeutung, sondern es dient ihm zunächst
einmal dazu, über die Phänomene der Natur in Erstaunen zu
geraten, im zweiten Schritt die Systeme der Natur zu verste-
hen und im Dritten die erkannten Regulative der Natur die
seine Vermehrung einschränken, zu umgehen. Weil es dem
Menschen jedoch aus seiner Natur heraus nicht gegeben ist,
ein Metaequilibrium zu schaffen und konsequent zu erhalten,
bleibt abzuwarten, welche Korrektive die Natur bereithält, um
am Ende die Einhaltung der von ihr vorgegebenen Sollwerte zu
gewährleisten.
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