Page 146 - Win Labuda Bildermacher
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Manfred Kage ist zum berufenen Künder dieser unvermuteten
Poesie geworden. Er ist ein „Professor“ im besten Sinne des
Wortes und an seinem 75. Geburtstag sind unsere Gedanken
ganz allein bei ihm.
Mein Kampf ums Elektronen-Mikroskop Es fehlten mir für die Anschaffung eines neuen Elektronenmik-
roskops damals die Mittel aber ich machte dennoch die Angele-
genheit zu einem Zentralthema unseres zukünftigen Investiti-
onsgeschehens bei Clear & Clean und rief bald eine Unmenge
von Leuten an, mit der Bitte, uns ein Elektronenmikroskop zu
schenken und wir würden im Gegenzug fünf Jahre lang kosten-
los Bilder für den Schenkenden machen.
Zunächst meldete sich niemand und viele schüttelten den
Kopf, aber eines Tages meldete sich Hans Zerle vom Siemens
Einkauf in München, mein alter Freund aus jungen Jahren. Er
erzählte mir, dass die Siemens AG die gesamte Speicherplat-
ten-Entwicklung schließen würde und daher unter Anderem ein
lediglich zwei Jahre altes Elektronenmikroskop zur Disposition
stünde, welches allerdings unverbindlich dem ausscheidenden
technischen Direktor zugesagt worden wäre, gewisserma-
ßen als Morgengabe bei seinem nun notwendig gewordenen
Wechsel zu einem anderen Unternehmen. Den Zuschlag
bekäme jedoch am Ende der Höchstbietende. Ich schrieb also
einen offiziellen Brief an die Siemens AG in München, in dem
ich mein Interesse an dem Gerät bekundete, es jedoch zuvor
gerne besichtigen wolle. Es meldete sich erstaunlicherweise
eben besagter, scheidender Direktor, der den Kauf mit mir
unbedingt besprechen wollte. Wir trafen uns in München und
der Direktor tat sehr freundlich und sagte mir, wohl um mich
zu täuschen, er würde wirklich sein Bestes tun, damit ich das
Gerät bekäme und ich bräuchte auch nur eine geringe Kauf-
summe anzubieten, so etwa 15.000 DM wären wohl genug,
dann ginge schon alles seinen rechten Gang. Er wusste ja
nicht, dass ich über sein Ausscheiden und über sein Eigen-
interesse an dem Gerät gut informiert war. Ich bot also die
vereinbarten 15.000.- DM und erfuhr hinten herum, dass er
mich insgeheim mit 20.000.- DM deutlich überboten hatte.
Er wiegte sich also in Sicherheit und bis zu seinem Ausschei-
den waren es noch drei Monate, so dass er der Angelegenheit
keine weitere Aufmerksamkeit widmete.
Ich sah nun eigentlich keine Möglichkeit mehr, an das Gerät
heran zu kommen, aber wie mir in solchen Situationen oftmals
eine höhere Eingebung dann doch geholfen hatte, so auch
dieses Mal: Ich fand also heraus, dass nach deutschem Recht
ein angebotenes Geschäft dann Rechtskraft erlangt, wenn der
Anbieter einer Ware länger als 14 Tage im Besitz des höchst-
gebotenen Betrags ist und innerhalb dieser Zeit dem Geschäft
nicht widersprochen hat. Ich spekulierte darauf, dass bei den
in Auflösung befindlichen Strukturen dieses Siemens-Werks
Abb. 7 Einladung zur Ausstellung Mikrofotografie / Schön- zwischen der Finanzabteilung, dem ausscheidenden Direktor
heit jenseits des Sichtbaren, 2010 und der Abwicklungsstelle für den überflüssig gewordenen
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