Page 47 - Win Labuda Bildermacher
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bild der Wand dar, sondern bindet sie ein in das Lebensge-
                                                       fühl des amerikanischen Stadtbewohners. Oftmals sind auch
                                                       Fragmente der städtischen Umgebung, wie Schattenwürfe,
                                                       Ausblicke auf die Architektur oder auch den Menschen in
                                                       seinen Fotografien auszumachen. Dabei fühlt er sich speziell
                                                       den charakteristisch amerikanischen Merkmalen des Groß-
                                                       stadtlebens verpflichtet. Er ist in seinen Verweisen weniger
                                                       kosmopolitisch-urban als vielmehr Archivar der spontanen
                                                       Entäußerungen des amerikanischen Großstadtmenschen auf
                                                       den Oberflächen seiner täglichen Umgebung. Schon die Buch-
                                                       staben zeugen zum Großteil von einer typisch amerikanischen
                                                       Schriftsetzung, und diese Tendenz setzt sich bei den Zahlen
                                                       fort. Bei der Abbildung von Schriftzügen und Sätzen schließlich
                                                       lässt er keinen Zweifel an ihrem kulturellen Ursprung, fokus-
                                                       siert er doch amerikanische Werbesprüche, Ladenaufschriften
                                                       oder Mauerbeschriftungen, die sich auf bestimmte gesell-
                                                       schaftliche oder politische Phänomene beziehen. Friedlander
                                                       geht es nicht um Abstraktion, sondern ganz im Gegenteil
                                                       um eine Geschichte, um sein teils nüchternes teils romanti-
                                                       sches amerikanisches Großstadtepos. Diese amerikanische
                                                       Geschichte erzählt er durch die Ablichtungen der Schriften
                                                       und Schriftzeichen auf Wänden und Flächen, welche er als die
                                                       unmittelbare und direkte Kommunikationsfläche des urbanen
                                                       Bewohners empfindet.

           Hans Silvester                              Der Büchermacher und Fotograf Hans Silvester bildet im Kanon
                                                       der hier vorgestellten Mauerfotografen eine Ausnahme, da er
                                                       als Einziger als gestalterisches Element seiner Bilder die Farbe
                                                       einsetzt. Seine Faszination für die griechische Inselwelt hat ihn
                                                       dazu inspiriert, bestimmte Facetten dieses pittoresken Teils der
                                                       Erde abzubilden. Am Anfang seiner fotografischen Erkundun-
                                                       gen stand ein Bildband über die Katzenbewohner der Inseln,
                                                       der gefolgt wurde von einem Kaleidoskop der Farben, Formen
                                                       und Strukturen welche er auf den Wänden und Oberflächen im
























                                                       Abb. 49 Hans Silvester, Metal cask, Tinos

                                                                                                         47
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