Page 52 - Win Labuda Bildermacher
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Nadja Labuda ist eine Tochter des Fotografen, Grafikers und
Bildhauers Win Labuda. Sie studierte Kunstgeschichte, Thea-
ter-Wissenschaften und Staatsökonomie. Schon früh setzte sie
sich theoretisch mit dem fotografischen Schaffen ihres Vaters
auseinander. Es entstand eine Reihe von Aufsätzen, welche am
26. Juni 2006 um das folgende Interview bereichert wurde:
Nadja Labuda - Über deine Bildserie Menschen heute
schriebst du einmal, du zeigtest darin den „unverwech-
selbaren Menschen“ - im Gegensatz zu Andreas Gursky,
dessen Arbeiten den Menschen im Kontext seiner verlo-
renen Individualität zeigten. Beruht deine Herangehens-
weise an das Motiv Mensch auf einer generationsbe-
dingten Wahrnehmung der Individualität des Menschen,
oder steht hinter dem emphatischen Blick eine Über-
zeugung, die sozusagen generationsunabhängig in dein
gesamtes Schaffen einfließt?
Win Labuda - Zur Beantwortung dieser Frage gehört zunächst
die zeitliche Einordnung meiner Generation in die Kunstent-
wicklung. Ich bin ein Kind der 1. Hälfte des 20. Jahrhun-
derts. Als Generation betrachtet, gehöre ich also noch zu den
Ausläufern der vom Geniusgedanken bestimmten Kultur. Die
Kunstentwicklung während meiner Lebenszeit ging einher
mit der Veränderung der politischen Machtverhältnisse. Die
industrialisierte Welt hat sich vom 19. Jahrhundert an bis
heute von einer vom Künstlergenius bestimmten Kultur hin zu
einer Demokratiekultur entwickelt. Die einzelne, genialische
Person bestimmt immer weniger die Kunstproduktion sondern
viel mehr das als akzeptabel empfundene Gemeinsame. So
ist beispielsweise seit dem 19. Jahrhundert die zunehmende
Bedeutung von Künstler-Gemeinschaften, wie sie heute durch
Bernd und Hilla Becher, Christo und Jeanne-Claude, Fischli-
Weiss oder Gilbert and George bekannt sind, auch ein Phäno-
men, welches sich erst mit zunehmender Demokratisierung
etabliert hat.
Abb. 2 Horizont 26, 2008, FH 092 aus der Serie „Anfang
der Zeit“
Die Demokratisierung der Welt führte in den vergangenen
sieben Jahrzehnten meines Lebens in vielen Bereichen der
Kunst zur Mitsprache und Mitentscheidung sozialer Schichten,
welche noch kein über Generationen gewachsenes Elitebe-
wusstsein haben, deren Geschmacksbildung sich jetzt entwi-
ckelt, die im wesentlichen antiästhetische Positionen bezie-
hen. Eine Nivellierung des Künstlerischen hin zum Banalen
ist zunächst die Folge. Damit geht auch einher, dass von der
Kunst keine Erkenntnis und keine Lehre mehr erwartet wird.
Es wird eher befürchtet, dass jede neue Lehre den Glauben
ihrer Anhänger ein weiteres Mal missbraucht. Das ist gewisser-
maßen die Urangst des homo artis.
In den vergangenen fünfzig Jahren ist der Kunst vielleicht
etwas verloren gegangen – nämlich die Leistung, welche aus
dem elitären Streben nach Genialität resultiert. Es kommt
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