Page 56 - Win Labuda Bildermacher
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sich bis zur Serie Menschen heute, die von vorne betrachtet,
die erste Serie des Zyklus ist.
NL - Die Assoziationen, die sich beim Betrachten der
Serie Anfang der Zeit einstellen, sind Begriffe wie
Unendlichkeit, Urzeit, Ewigkeit. In wie weit geht es dir
in deiner Fotografie um die Dimension Zeit, und wenn
sie denn eine Rolle spielt, wie spiegelt sich diese Dimen-
sion in den anderen Werkteilen wider?
WL - Zeit ist die Dimension, die all meinen Arbeiten zugrunde
liegt. Hier mag vom Leser der Einwand kommen, die Aussage
sei trivial, weil naturgemäß alles irdische Geschehen einem
zeitlichen Ablauf unterworfen sei. Mein Zyklus Reise zum
Anfang der Zeit muss jedoch historisch verstanden werden.
Ich registriere mit meiner Kamera das, was ich für mich als
sinnbildlich für die Spuren der Erd- und Menschheitsgeschichte
erkannt habe, ohne den Anspruch auf Vollständigkeit zu
erheben. Bei Beginn dieser Reise vom Anfang der Mensch-
heitsgeschichte (Anfang der Zeit) bis in die Gegenwart stehen
ausschließlich Zeit und Materie und an ihrem Ende steht der
Mensch von heute (Menschen heute). Dazwischen finde ich
im narrativen Sinne Spuren der Evolution und der mensch-
lichen Existenz - und zwar in den Bereichen der Gottesver-
ehrung (Heimat der Götter) und der Kommunikation (Bilder
und Zeichen). Ich hätte auch andere Beispiele finden können,
Abb. 7 Horizont 13, 2008, FH 087 aus der Serie „Anfang wie beispielsweise den Kosmos, die Entwicklung des Lebens
der Zeit“ oder Geburt und Tod. Aber ich habe mich bisher für die vier
oben angeführten Serien entschieden, welche nun den Zyklus
bilden.
Ich habe die Abfolge der Serien in meinem Zyklus nicht von
vornherein so geplant, wie sie nun, im Nachhinein, wohlge-
ordnet vorliegen. Sie sind zu unterschiedlichen Zeiten und in
unterschiedlich langen Zeiträumen organisch gewachsen. Das
ruft gelegentlich Kritiker auf den Plan, die gern eine chrono-
logisch sequentielle Abfolge der Produktion meiner Bildserien
sehen würden. Ich habe aber nun einmal in den 50er Jahren
mit den Menschenbildern begonnen und danach die Serie
Bilder und Zeichen fotografiert. Erst etwa im Jahre 2000 habe
ich mit der Arbeit an der Serie Heimat der Götter begonnen
und danach die anderen Serien hinzugefügt. Das historische
Element meines Zyklus ist also gewissermaßen spät und
eruptiv gewachsen. Wie dem auch sei: Ich denke, nicht alles,
was später sequentiell erscheint, muss auch sequentiell ent-
standen sein.
NL - Deine Bildserien sind stets verbunden mit Reisen.
Bezeichnenderweise betitelst du ja auch deinen foto-
grafischen Zyklus als Reise zum Anfang der Zeit. Inwie-
fern ist die Reise zu einem Motiv Teil der entstehenden
Fotografie?
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