Page 54 - Win Labuda Bildermacher
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Abb. 4 Skulpturfoto 1, nach A. Rodin „Der Schrei“, 2003, FS 001 Abb. 5 Skulpturfoto 2, nach A. Rodin „Der Sturm“, 1985, FS 002
Ich würde vorschlagen, Kunst sind die Bilder, die man im guten
Sinne nicht vergisst. Mit dieser einfachen Formel kann man
für sich selbst relativ leicht die künstlerische Fotografie vom
Urlaubsbild unterscheiden. Man braucht sich nur eine größere
Anzahl von Bildern anzusehen, und die Bilder, an die man sich
nach 14 Tagen noch erinnert, die sind dann eben Kunst. Kunst
ist, was bleibende Emotionen oder wesentliche Denkanstöße
hervorruft.
NL - Betrachtet man deine Foto-Serie Heimat der Götter
und auch die Skulpturfotografien, so scheint dich im
weitesten Sinne das Skulpturale zu fesseln. In wie weit
sind Teile deines Werkes als Suche nach Skulptur anzu-
sehen, oder anders gesagt: Gilt dein Interesse weniger
der Skulptur als vielmehr den Inhalten, die Skulptur
transportieren kann?
WL - Die Art von Skulptur, mit der ich mich gelegentlich
beschäftige, ist die figurative Architektur der noblen Empfin-
dung, welche keinem anderen Zweck dient, als den ihr mitge-
gebenen Geist zu repräsentieren und solchermaßen dauerhaft
auf uns zu wirken. Diese Skulptur wird beispielsweise durch
das Werk von Rodin, Despiau und einiger anderer Bildhauer
wie Bourdelle und Lehmbruck repräsentiert, bei den „Moder-
nen“ auch von Moore, Chillida und Caro. Ich sehe jedoch nicht,
dass die Inhalte, welche die Skulptur transportieren kann,
grundsätzlich andere sind, als beispielsweise die von Zeich-
nung oder Ölbild.
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