Page 162 - Win Labuda Bildermacher

bis vier Bilder entstanden, die der Maestro und der Verleger
Robert Delpire, am Ende für wert befunden haben zu zeigen.
Dies muss uns zu denken geben. Oeuvre-Selektion bedeutet
auch Verlassen des nicht mehr Repräsentativen, Andeutung
des Kommenden und Zeichen der Fähigkeit zur Beschränkung
auf das Künstlerische im Sinne von Einmaligem.

Siebente These: Innerhalb der angenommenen Polarität
„lebend“ und „unbelebt“ nimmt der Emotionalisierungsgrad für
Werke der Fotokunst im gleichen Maße zu, wie die Bildinhalte
von Lebendem bestimmt sind.
Die fotografische Abbildung von „Wesen“ (Menschen, Tieren,
Pflanzen und Landschaften) emotionalisiert uns in höherem
Maße als diejenige von Dingen.

Landschaft ist dieser Gruppe zugeordnet, weil sie die Umwelt
bildet, die eine Existenz lebender Wesen erst ermöglicht und
weil sie als Substrat von Vegetation eine eigene, quasi wesen-
hafte Erscheinung ist.

Die Beobachtung erklärt sich möglicherweise aus dem mensch-
lichen Bedürfnis nach Kommunikation mit anderen „Wesen“,
während das Unbelebte in unserer abendländisch geprägten
Werteskala Gott - Mensch - Tier - Ding auf einer untergeord-
neten Stufe steht.

Achte These: Bilder sind Verbrauchsprodukte von endlicher
Wirkungsdauer.

Jede Kunst definiert sich u.a. aus den sozialen Prozessen,
Problemen und Geisteshaltungen ihrer jeweiligen Zeit. Zum
Ende ihrer Wirksamkeitsperiode hin wird Kunst - und so auch
Fotokunst - nicht mehr illusionistisch sondern lediglich noch
als historische Realität wahrgenommen. Geht die Zeit über
eine bestimmte Kunstepoche oder auch über einzelne Künstler
hinweg, so werden deren Werke möglicherweise nicht einmal
mehr als Kunst wahrgenommen.

Ein Blick auf die Geschichte der Malerei ist hilfreich. Davon
betroffen sind Lebenswerke einst anerkannter Künstler wie
beispielsweise das Werk von Bernard Buffet. Umgekehrt
wurden Werke bedeutender Vorreiter im Bereich der bilden-
den Künste von ihrer Zeitepoche noch nicht als Kunst erkannt,
so dass ihnen diese Nobilitierung aus dem Unverständnis der
Betrachter heraus verweigert wurde. Dies betraf beispielsweise
Vincent van Gogh.

Neunte These: Als Fotokunst anerkannte Werke unterliegen
den üblichen Bedingungen des Marktgeschehens für Gemälde
oder Kunstgrafik.

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