Page 68 - Win Labuda Bildermacher
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Gebilde formte. Charakteristisches Merkmal seiner Skulpturen
ist die ausgeprägte Materialität, der man sich kaum entziehen
kann. Es geht ihm nicht nur um Formen in Eisen und Stahl,
sondern auch um das Eisen, um den Stahl selbst.
Betrachtet man die kunstgeschichtliche Entwicklung vom
ausgehenden 19. bis zur Mitte des 20. Jahrhunderts, dann
sind die Maler die eindeutigen Vorreiter der bildenden Kunst.
Impressionismus, Kubismus, Konstruktivismus, Surrealismus;
die großen Schritte vollzogen sich damals ganz deutlich in der
Malerei. Wenn man sich hier nach den bedeutenden Bildhauern
umsieht, dann stößt man immer wieder auf Maler, die auch im
Bereich der Bildhauerei Neuerungen schufen: Degas, Renoir,
Picasso und Matisse, Max Ernst und Miro.
Man kann feststellen, dass Chillida und seine Plastik einen
bedeutenden Punkt in der Kunstgeschichte des 20. Jahrhun-
derts markiert. Mit ihm und einigen anderen Künstlern (bei-
spielsweise Calder) trat eine Generation von Bildhauern hervor,
der es gelang, mit mehr oder weniger neuen Materialien wie
Stahl, Eisen, Beton und Granit aber auch mit Aluminium,
Papier oder Federn Skulpturen und Objekte zu schaffen, die
alleine aus einer bildhauerischen Idee heraus geformt wurden.
Chillidas Name ist zutiefst mit seinem skulpturalen Werk
verbunden, obwohl er von Beginn an immer auch zeichnerisch
tätig war.
Zentralmotiv seiner Zeichnungen war und blieb in unendli-
chen Variationen und Ansichten die menschliche Hand. In der
Gegenüberstellung einer dieser Zeichnungen mit einer seiner
Skulpturen wird eine Kernaussage seines Schaffens besonders
deutlich. Form, Volumen und Spannung, mit diesen Worten
könnten wir sowohl Skulptur als auch Zeichnung beschreiben.
Beiden wohnt eine Dynamik inne, die bei ihm von Vollform
und Leerform gekennzeichnet ist. Den Fingern der Zeichnung
wohnt die gleiche Vitalität inne, wie den Räumen, die sich
zwischen ihnen befinden. Im Zusammenhang mit Chillida
wird dieser Umstand gerne mit Raum und Leere bezeichnet,
einem Spiel der Kräfte, das die Faszination vieler seiner Werke
ausmacht.
Ellsworth Kelly Der amerikanische Maler Ellsworth Kelly (*1923) gehört zu
dem Kreis der außerordentlichen Künstler Amerikas, die nach
dem 2. Weltkrieg mit ihren Gedanken und Werken die Kunst-
welt auf den Kopf stellten und vollkommen neu definierten.
Fälschlicherweise wurde er im Zuge plakativer Bezeichnungen
wie Hard Edge oder Minimal gelegentlich bestimmten Künstler-
gruppen zu geordnet. Man muss aber heute sagen, dass Kelly,
losgelöst von irgendwelchen Gruppierungen schon sehr früh in
den 50er Jahren zu Formen und Farben in seiner Kunst gefun-
den hat, die erst in den 60er Jahren auf die eine oder andere
Weise vom Minimal oder anderen Kunstrichtungen aufgegriffen
wurden. In den 40er Jahren des vergangenen Jahrhunderts
begann er mit einer intensiven zeichnerischen Arbeit, beein-
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